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Der Fall des Jonathan Price

BearbeitenHistorie
"Nicht schon wieder, bitte nicht schon wieder." flehte er zu der unbekannten Kraft,
die ihm jeden Abend diesen Alpträumen ließ.
Er stand auf einer verlassenen Straße, um ihm herum Wolkenkratzer, nicht schimmernd,
im Sonnenlicht strahlend, sondern matt und grau. Der Himmel, grau wie der Asphalt der Straße,
die ihm zu dem Haus führt, wo es wieder geschehen wird. Er wollte nicht weitergehen,
denn das Grauen, welches durch das Wissen über die Zukunft in ihm entstand, hielt der ihm
vorwärts treibenden Kraft stand, doch nur kurz.
So ging er schon bald die Straße entlang. Ließ riesige Häuser links und rechts neben sich
stehen und ging gerade auf das eine zu.
Nur wenige Minuten stand er vor dem Eingang des Gebäudes. Es war das
Plaza Hotel, wieder widerstand das Grauen dem Treiben, wieder nur kurz.
Tränen liefen ihm über die Wangen, leise vermischte sich immer wieder der
Satz "Bitte nicht" mit seinem Schluchzen, hervorgerufen durch die Verzweiflung
über die Untätigkeit, die ihm dazu verdammt jede Nacht alles erneut zu
durchleben.

Er stieg in den Fahrstuhl und drückte widerwillig den Knopf: Etage 38.
Er wußte was jetzt kommt.
Er wird an ihre Tür klopfen, sie öffnen, da keine Antwort kommt und ein leises
Schluchzen hören. Er wird Sie sehen, wird sagen:
"Jenny, was tust du?"
Sie, auf dem Fensterbrett stehend, wie jede Nacht seit diesem verfluchten Tag,
wird sagen:
"Ich warte auf dich, John. Ich warte um mich von Dir zu verabschieden.
Lebe wohl John, ich liebe Dich." Und dann wird sie wieder springen,
während er wie versteinert in der Tür steht, unfähig zu verstehen wieso.

Der Fahrstuhl hat sein Ziel erreicht, die Tür öffnete sich und er ging
schluchzend den Gang entlang. Noch zehn Meter und Meter für Meter kämpft
er gegen diese Kraft an, doch Schritt für Schritt macht diese unbekannte
Macht deutlich, daß sie stärker ist.
Schon stand er vor ihrer Tür, klopfte, doch zu seiner Überraschung geht
sie auf. Sie war nur angelehnt. Durch diese Veränderung schöpfte er neuen
Mut und er öffnet die Tür vollständig.
"Jenny?"
Keine Antwort.
Er ging zum Fenster, voller Unbehagen, aber auch Neugierde schaut er heraus, langsam,
befürchtend, daß nichts anders ist, außer dass er aufgrund seines Zögerns
zu spät ist, doch nichts.
"Ich bin hier, John."
Erschrocken drehte er sich um. Sie stand hinter der Tür.
"Jenny, du lebst." Er wusste nicht, ob er dies fragte oder feststellte.
Sie antwortete nicht darauf, und für eine kurze Zeit schwiegen sie.
Er nutzte die Zeit und musterte sie. Sie war wunderschön wie immer, nur bleich.
Ihre Hautfarbe glich der einer Toten. Auch ihr Nachthemd, ebenfalls eine Veränderung,
sonst trug sie Jeans und eine blaue Bluse, war einem Totenhemd sehr ähnlich.
Noch immer stand er am Fenster, sich am Fensterbrett anlehnend, und sie am Ende des
Raumes neben der immer noch offenen Eingangstür.
"Warum?" fragte er. Mehr konnte er nicht sagen, als ihm immer klarer wurde, das
dieser Traum wieder nur ein Alb sein würde. Er drehte sich nocheinmal, um
aus dem Fenster zu sehen und sicher zu gehen, dass sie nicht doch schon dort
unten lag. Nach wenigen Sekunden sah er wieder auf und Sie stand unmittelbar
vor ihm. Ihr Gesicht war eine einzige Fratze, ihre Augen glühten rot als sie mit einer
Stimme, die nicht von dieser Welt stammen konnte sagte:

WEIL ICH ES WOLLTE!

Das blanke Entsetzen packte ihn, doch bevor ihm die Gesamtheit ihrer Veränderung
klar wurde, stiess sie ihn mit unmeschlicher Kraft an, so dass er fiel.
Für ihn dauerte der Fall eine Ewigkeit und sein letzter Gedanke war:
"Gott sei Dank wache ich jetzt auf."

***

Zwei Tage später konnte man in der Zeitung folgendes lesen:
"Gestern Morgen wurde die Leiche des Aktionärs Jonathan Price in seinem Schlafzimmer neben dem Bett gefunden.
Detective Sam Spade sagt dazu: `Obwohl der Tote scheinbar nur aus seinem Bett
gefallen ist, weist sein Körper schwere Verletzungen auf, die bei einem Sturz aus
grosser Höhe auftreten. Die Gerichtsmediziner, die nicht wussten wo wir den Körper fanden,
meinten, er sei aus dem selben Fenster wie seine Verlobte (Jennifer Slegt,
Anm. d. Red.) vor zwei Wochen gesprungen. Die wollten mir einfach nicht glauben, dass er neben seinem Bett lag.'
Der Tote wurde von seiner Haushälterin gefunden, die uns sagte: `Der arme Mann, seit dem Selbstmord dieser
verrückten Slegt, den er ja mit ansehen musste, litt er unter schweren Albträumen, das sagte er mir selbst.
Jeden Morgen war er erschöpft. Es ist eine Tragödie was diese Irre durch ihren Selbstmord
aus ihm gemacht hat.'
Noch steht die Polizei vor einem Rätsel, doch der Fall des Jonathan Price ist noch nicht
abgeschlossen. Wir halten sie auf dem Laufenden."

Zu dieser Seite haben beigesteuert: bosso .
Seite zuletzt geändert am Mittwoch, 14.Mai 2008 21:33:02.